Ängste - unterschiedliche Formen der Angst
Zunächst einmal ist die Angst eine gesunde und normale menschliche Reaktion. Bei genauer Betrachtung ist es im Wesentlichen eine körperliche Reaktion, die dazu dienen soll sich zu wehren oder aber die Flucht zu ergreifen.
Zur Angststörung wird es, wenn sich aus den erlebten Ängsten übermäßige Einschränkungen in der normalen Lebensführung ergeben. Im Folgenden werden unterschiedliche Formen der Ängste aufgezeigt, die man als Angststörung bezeichnet.
Phobie
Eine Phobie liegt dann vor, wenn man übermäßig starke Ängste vor einer bestimmten Situation oder einem bestimmten Ort hat. In der Fachsprache spricht man auch von einer spezifischen Phobie, da sie häufig an einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Situation oder ein bestimmtes Ereignis gebunden ist.
Die bekanntesten Phobien sind:
- Höhenangst - Akrophobie
- Prüfungsangst
- Angst vor Menschenansammlungen - Agoraphobie
- Angst vor Hunden - Hundephobie
- Angst vor dem Zahnarzt - Dentalphobie
- Flugangst, Angst vor dem Autofahren, Angst vor Enge und Aufzügen usw.
Wie Sie vielleicht sehen, sind viele dieser Ängste Ihnen schon einmal begegnet. Wer hat nicht Angst vor einer wichtigen Prüfung? Oder aber man wird im Flugzeug bei genauerem Überlegen plötzlich von einem mulmigen Gefühl beschlichen.
Der Übergang von normaler Angst zur Pathologie - also der Krankheit - ist häufig fließend. Man kann es aber daran festmachen, ob Sie Ihre Lebensführung merklich einschränken. Wenn man eine wichtige Prüfung vermeidet, obwohl man inhaltlich alles weiß und sich damit den beruflichen Lebensweg verbaut. Wenn man dauerhaft nicht mehr zum Zahnarzt geht, obwohl man schon Schmerzen hat. Wenn man nicht mehr oder nur noch zu bestimmten Zeiten einkaufen geht. Wenn bestimmte Orte meidet, obwohl man eigentlich gerne hin möchte oder müsste.
Die sich durch das Vermeidungsverhalten ergebenden Einschränkungen in der normalen Lebensführung bestimmen häufig, ob es sich bei der erlebten Angst um eine Krankheit im Sinne einer Phobie handelt.
In einer Verhaltenstherapie werden zunächst einmal die Ängste und die damit verbundenen auslösenden und aufrechterhalten Ursachen erfasst. Dann geht es darum zu lernen sich den Ängsten zu stellen. Das nennt man in der Fachsprache Exposition oder Konfrontation. Man spricht auch von Expositionsverfahren.
Soziale Phobie
Wenn es sich bei dem Angsterleben hauptsächlich um die Angst vor bestimmten sozialen Situationen handelt, dann spricht man von einer Sozialen Phobie. Diese kann sich in unterschiedlichen Formen zeigen, hat aber als Kernelement, dass man befürchtet irgendwie unangenehm in der Öffentlichkeit aufzufallen.
Hier einige Beispiele:
Die Angst davor öffentlich zu sprechen, in einer Gruppe dran zu kommen und etwas sagen zu müssen.
- Die Angst davor sich öffentlich übergeben zu müssen - die sogenannte Emetrophobie.
- Die Angst vor anderen zu essen oder zu trinken. Häufig begleitet von der Angst, dass man dabei den Löffel oder die Gabel nicht sauber zum Mund führt und das Essen runterfällt. Oder aber man die Tasse verschüttet und damit unangenehm ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerät.
- Die Angst davor öffentlich zu urinieren - die sogenannte Paruresis (engl.: shy bladder oder pee-shy). Was erst mal als Banalität erscheint kann sich aber zu einem ernsthaften Problem auswachsen. Beispielsweise wenn man gezwungen ist aufgrund der beruflichen Situation öffentliche Toiletten aufzusuchen und das nicht kann. Ab einem gewissen Stadium beginnen die Betroffenen dann (es sind mehr Männer als Frauen) nur noch dosiert zu trinken und für eine entsprechend begrenzte Zeit raus zu gehen. Gesundheitliche Folgeschäden sind durch die verringerte Flüssigkeitsaufnahme nicht auszuschließen.
- Die Angst davor öffentlich zu unterschreiben. Dabei wird häufig befürchtet das Gegenüber könne merken, dass da was nicht stimmt, derjenige übermäßig zittert oder schwitzt.
- Angst davor öffentlich zu erröten - die Erythrophobie.
Patienten mit einer sozialen Phobie kennzeichnet häufig, dass sie ansonsten weitgehend angstfrei sind. Die Symptomatik tritt aber immer wieder im sozialen Kontext auf.
Die Behandlung der sozialen Phobie stellt sich etwas komplexer dar und es ist mit einer reinen Exposition häufig nicht getan. Sozialphobische Patienten haben sich i.d.R. angewöhnt auf ihre Ängste mit einem Gegensteuern zu reagieren, was dann aber Teil der Problematik wird. Dies muss in einer Psychotherapie genau erfasst (eruiert) werden. Erst dann können entsprechende Interventionen erfolgen.
Panik, Panikstörung und Angstattacken
Eine weitere Form der Angststörung stellen die sogenannten Panikattacken dar. Das sind Ängste, die sehr intensiv und scheinbar aus dem Nichts heraus plötzlich auftreten. Damit ist nicht eine absehbare Panik in einer bedrohlichen Situation gemeint, die ja eine biologisch natürliche Reaktion darstellt, sondern Angstattacken, die scheinbar plötzlich und aus heiterem Himmel heraus auftreten. Betroffene Patienten erleben dies häufig so, dass sie plötzlich befürchten einen Herzinfarkt zu erleiden oder aber verrückt zu werden.
Nicht selten wird dann auch der Notarzt gerufen oder aber man begibt sich in die Notaufnahme eines Krankenhauses, wo man dann gesagt bekommt, dass man eigentlich gesund sei. Panikattacken werden häufig in einem ersten Schritt medikamentös mit Anxiolytika oder Benzodiazepinen behandelt, was zunächst einmal hilft, aber ein hohes Abhängigkeitsrisiko beinhaltet.
Bei der Panikstörung handelt es sich oft um eine mit Stress verbundene Symptomatik. Hier gilt es in einer Psychotherapie die Stressoren zu erarbeiten, die den davon betroffenen Patienten häufig nicht bewusst sind. Im weiteren Procedere dann geht es darum diesen Stress entsprechend zu reduzieren.
Ein weiterer Grund für das Auftreten einer Panikstörung können aber auch unbewältigte und unterdrückte emotionale Konflikte sein, z.B. unterdrückte Wut oder Trauer.
Generalisierte Angststörung
Wenn Ängste das gesamte Leben beeinträchtigen und es sehr viele Dinge sind, vor denen man sich fürchtet, dann handelt es sich sehr wahrscheinlich um eine Generalisierte Angststörung (GAS).
Zum Beispiel hat man Angst vor Arbeitslosigkeit, Verarmung, Angst davor Verlassen zu werden, Angst vor Terroranschlägen und Umweltkatastrophen, Angst den Kindern oder Verwandten könnte etwas passieren und so weiter und so fort. Eine Angst löst die nächste ab.
Grundsätzlich sind das alles beunruhigende Gedanken und Dinge, vor denen jeder Mensch Angst hat. Normalerweise aber stellt dies nur einen gelegentlichen Gedanken dar, der sich von selbst wieder beruhigt oder relativiert wird. Bei einer generalisierten Angststörung aber werden weite Teile des Lebens von diesen Ängsten bestimmt. Die betroffenen Patienten fange dann häufig an ein Sicherheits- und Vermeidungsverhalten zu entwickeln. Man liest keine Zeitung mehr und hört auch keine Nachrichten mehr. Man kontrollier immer wieder, ob mit den Verwandten noch alles in Ordnung ist, schränkt sein Leben durch die Vermeidung übermäßig ein.
In der Verhaltenstherapie werden die Ursachen und Bedingungen der Problematik ausgearbeitet. In einem weiteren Schritt dann werden auch hier Expositionen durchgeführt, was sich aber komplexer darstellt als bei einer einfachen Phobie.
Eine ergänzende medikamentöse Behandlung kann bei den unterschiedlichen Formen der Angst sinnvoll sein. Allerdings werden dadurch die Probleme nicht dauerhaft gelöst.
